Friday, July 29, 2011

Zwischenbilanz

Nun ist die erste Ferienwoche rum.
Kleine Zwischenbilanz:
Bisher habe ich
- mein Arbeitszimmer ausgemistet und top aufgeräumt
Ergebnis: ca. 2 Tonnen Altpapier
- meinen Klassenraum ausgemistet und top aufgeräumt
Ergebnis: ca. 2 Tonnen Altpapier und ein großes Stück Sperrmüll
- ein Paar neue Schuhe gekauft
- einen Tag komplett ohne Termin gehabt
- bisher erst zwei Schul-Alpträume
- drei DVDs geguckt
- ungefähr 20 Seiten laminiert und geschnitten
- zwei Kinder aus meiner Klasse getroffen
- einmal richtig ausgeschlafen
- ein Buch gelesen

Den obligatorischen Ikea-Besuch habe ich auch schon hinter mich gebracht.
Heute gehe ich ins Kino - das ist so richtiges Ferienprogramm. JUHU!

Sunday, July 17, 2011

Abraham


Ich muss in letzter Zeit viel über Abraham nachdenken. Warum? Weil ich ihn mir versehentlich auf den Schreibtisch tätowiert habe. Es war gegen 23 Uhr, ich wollte längst im Bett sein. Musste aber "mal eben noch" eine Folie für Religion drucken. Also Folie in den Drucker. Bild drucken. Bild kommt verschwommen aus dem Drucker. Hä? Bin ich doch schon so müde, dass ich nur noch so verschwommen und nebelhaft sehe? Nein. Aber ich bin so müde, dass ich die Folie falsch herum eingelegt habe. Naja, kein problem, man kann das ja wieder abwischen, denke ich mir. Und lege die Folie mit dem frischgedruckten Falschschmierdruck auf den Schreibtisch. Leider mit der Seite des Fehldruckes. Die Folie klebt erfolgreich am Schreibtisch, Ich ziehe sie ab und - ja, wie das eben so ist - bei Abziehbildern - habe die Konturen von Abraham auf dem Schreibtisch. Naja. Es hätte mich schlechter treffen können. Vorher hatte ich eine Folie für Englisch gedruckt. Wenn das mit der passiert wäre, dann hätte ich immer an ein englisches Lied, das so ein richtiger Ohrwurm ist, denken müssen. Dann lieber Abraham. Dann kann er mich direkt immer wieder daran erinnern, dass es sich lohnt, Gott zu vertrauen! Gott hält seine Versprechen!

Monday, July 11, 2011

Ich werde älter!!

Ja, tatsächlich. Ich merke so langsam, dass ich älter werde...

das merke ich daran, dass ich die Viertklässler,die sich jetzt verabschieden, schon seit der ersten Klasse kenne.
Ich merke es daran, dass ich die Stars, die die Kinder toll finden, nicht kenne. Das Spiel "Wer bin ich?" kann mittlerweile echt peinlich für mich enden. Dafür freue ich mich über die Kulthits des Lokalsenders und singe sie lautstark mit. Wirklich!
Auf den letzten zwei, drei Jahren habe ich auf Fotos die gleiche Frisur und den gleichen Kleidungsstil - noch so ein Zeichen.
Und noch etwas - wenn ich meinen Unterricht plane, greife ich auf die Erfahrung zurück-. Nicht auf die Theorie wie früher :-)
Und nun kriege ich auch schon meine ersten Goldzähne. Man, fühl ich mich alt.
Achja, noch ein Zeichen für das Älterwerden: Viele meiner Sätze fangen mit folgenden Worten an: "Weißt du noch...?" oder "Früher..." oder "Vor xy Jahren...." Und vor einem halben Jahr hatte ich tatsächlich schon mal "Rücken", weil ich "einen Zug bekommen habe" und mir das Unterhemd nicht in die Hose gesteckt hatte. Ich musste nach dem Arztbesuch Timmi kleinlaut Recht geben, dass es tatsächlich vom Kältezug kam (das hatte ich noch nie und ich hatte es davor auch nicht für möglich gehalten!!!). ich werde inzwischen auch nicht mehr so oft wie früher nach meinem Ausweis gefragt, wenn ich Alkohol kaufe. Und wenn es doch heißt: "Sind Sie denn schon 18?", dann antworte ich; "Ja, sogar schon im Hexadezimalsystem." Was ja auch schon wieder einiges über mein Alter aussagt.
Naja, zum Glück gibt es auch noch Gegenzeichen, die mein junges Alter belegen:
Ich habe viel Energie.
Ich brauche wenig Schlaf.
Ich bin fast nie krank.
Und richtig alt gilt man für mich auch erst, wenn man in der Schule sagt: "Das ändern wir nicht. Das haben wir schon immer so gemacht!! Bloß nichts Neues!" Und davon fühle ich mich ja noch Lichtjahre entfernt....

Tuesday, July 5, 2011

Wie schreibt man Happy Birthday?

Hepi Bostek

HPI BSTER

Hepi Böstei

Hepestei

Hepp birtei

Heppi Birtei

Höpi Börsti tu ju

Hebi Böster

J. wusste wohl, dass ich an meinem Geburtstag krank war, denn er hat mir guten tee gewünscht:
Hepi Böstee!

Oder man sagt es eben auf Deutsch. Da muss man ein langes Wort schnell lesen (=Hetzlesen)

Hetzlesen Glökwons

oder:
Heazlich Zom GBuztak

Meine Klasse ist einfach genial!

Friday, July 1, 2011

Arbeiten im Brennpunkt

Ich mag meine Arbeit wirklich sehr.
Ich bin total dankbar dafür,dass ich Arbeit habe, die mich so erfüllt, die ich meistens gerne mache...das ist echt nicht selbstverständlich.
Trotzdem gibt es manchmal Dinge, die nerven. Und die muss ich jetzt einfach mal loswerden.
Hier einfach typische Momentaufnahmen unserer Brennpunktschule.

Elternbriefe.
Werden entweder nicht gelesen oder nicht verstanden.
Zumindest kommen sie nur in wenigen Ausnahmefällen zurück.
Dann ist man schon mal dankbar....bis man feststellt, dass 50 % der wenigen zurückgekommenen Zettel nicht ausgefüllt, nicht unterschrieben bzw. von der Schwester aus der 3.Klasse unterschrieben wurden. Einer meiner Lieblingssprüche zum Thema Elternbrief: "Ich habe den meiner Mutter hingelegt, aber sie unterschreibt nicht." Leider ist das auch noch wahr!! Da nehmen die Kinder mehr Verantwortung wahr als ihre Eltern.
Vor 4 Wochen hatten wir Läuse in der Klasse. Da gibt es so einen ganz wichtigen Brief, in dem steht, dass es Läuse gibt, was man dagegen machen soll usw. Dann einen Abschnitt, den man ausgefüllt wieder mitbringen muss. Auf dem muss man ankreuzen, ob das Kind Läuse hat oder nicht.
Ich warte immer noch bei vier Kindern auf den Abschnitt. Inzwischen sind bei uns natürlich alle Läuse tot. Aber hallo? Es geht doch ums Prinzip. Ich: Jeden Tag eine Erinnerung. Inzwischen sagt schon ein anderer Schüler: Du und du und du, ihr müsst den Läusezettel mitbringen.
Das schien Wirkung gezeigt zu haben.
Am nächsten Tag stand ein Kind vor mir: "Ich hab den Zettel verloren, Darum hat meine Schwester das aufgeschrieben." Ich lese: "Hiermit wird bestätigt, dass N. keine Flöhe hat."
Na super, Flöhe haben wir auch noch????

Elterngespräche.
Oft geht die große Schwester mit. Zum Übersetzen. In manchen Momenten dieses Gesprächs fragt man sich dann: "Wird auch das gesagt, was ich gerade gesagt habe? Warum war das nur so kurz auf chinesisch? Hä?"
Oder auch schön, einmal kam die Tante und die Mutter eines Kindes. Die Tante konnte etwas deutsch und sagte: "Hallo, ich Tante. Das ist Mutti."
Ich fragte mich daraufhin, ob ich die Frau weiterhin mit Mutti anreden sollte?

Entschuldigungen
Einer unserer beliebtesten Sprüche: "Wir hatten Fest." Nach einigen muslimischen Feiertagen fehlt ein großer Teil unserer türkischen und arabischen Schülerschaft. Daraufhin fragt man am nächsten Tag: "Wo warst du denn gestern?" und unabhängig von Schulstufe oder Klasse hört man dann: "Wir hatten Fest!" Achsoooooo. Wir wollten das auch bei unserem Chef durchsetzen, dass wir nach der Weihnachtsfeier am nächsten Tag schulfrei kriegen. Ist doch logisch, wir hatten Fest! irgendwie zeigte er sich da nicht bereit zu :-)
Gestern kam eine Kollegin zu mir, die mir sagte: "Du, hast du eine Christine in der Klasse?"
Ich: "Nein, nur eine Kristina oder Christiane." Es stellte sich heraus, dass ein Vater bei der Kollegin morgens privat angerufen hat. Er wollte seine Tochter krankmelden. Die Kollegin unterrichtet sie aber gar nicht. Es war aber ein eher schwieriges Gespräch, das in der Kernaussage immer um das gleiche ging.
Der Vater: "Christiane krank."
Kollegin: "Ja, da müssen Sie in der Schule Bescheid sagen."
Vater: "Du nicht Lehrer?"
Kollegin: "Doch, aber Sie rufen bei mir privat an."
Vater: "Aber du Lehrer."
Kollegin: "Ja, aber nicht von Ihrer Tochter. Woher haben Sie überhaupt meine Nummer?"
Vater: "Du nicht Lehrer?"
Irgendwann gab die Kollegin auf und sagte: "Ich geb`s weiter." und der Vater hat wahrscheinlich gedacht: "Warum nicht gleich so!"
Oder auch schön, aus einem schriftlichen Dokument;
"Hallo Frau B (der Name ist falsch geschrieben). S. ist krank. Er hatte Fieber, Durschfall und übel. Arzt hat gesagt er soll noch ein Tag zuhause bleiben." Wenn ich Übel hätte, würde ich auch lieber zu Hause bleiben. Allerdings habe ich im Nachhinein erfahren, dass die Entschuldigungen für S. immer die große Schwester aus der 3.Klasse schreibt....und dafür ist es ja wieder gut! ;-) Außerdem bin ich ja immer dankbar, wenn ich überhaupt mal ne Entshculdigung bekomme, da will ich nicht meckern :-) Eins noch: Eine Kollegin erzählt., dass ein Vater immer noch Entschuldigungen an eine Lehrerin schreibt, die seit September nicht mehr da ist. Obwohl das eigentlich schon wieder einfach nur traurig ist, dass der Vater bis jetzt noch nicht gemerkt hat, dass sein Sohn seit einem dreiviertel Jahr eine andere Klassenlehrerin hat.

Elternarbeit allgemein
Spruch auf dem AB: "Hallo Frau B (Name falsch gesprochen). Ich wurde gerade übelst bedroht von A.`s Vater. Bitte rufen Sie mich zurück an."
=> Es gab Elternkrieg auf dem Schulhof, die beiden Eltern beschimpften sich vor ihren Kindern mit russischen Schimpfwörter, die ich hier lieber nicht auf deutsch wiedergebe.
Vier von meinen Eltern haben sich bereits vor ihren Kindern angeschrien, dass sie sich gegenseitig anzeigen. Super Idee. Zeigt euch man alle an, das zeigt den Kindern gut, wie man Konflikte klären sollte!
Traurig:
23 von 26 Eltern haben keine Arbeit oder nur so wenig Geld, dass sie die Klassenfahrt bezahlt bekommen. Es hat aber keiner dieser Eltern Zeit, bei den Bundesjugendspielen mitzuhelfen, denn - so die Kinder - "Meine Mutter arbeitet, die kann nicht helfen."
das finde ich traurig.

So, da ich mich nun mal ein wenig ausgelassen habe, zum Schluss noch ein paar positive Aspekte.
Es kommen nicht viele zum Klassenfest (v.a. nicht die, die sich alle schon mal angezeigt haben), aber wir haben immer ein buntes und sehr internationales Buffett - von asiatisch bis türkisch ist alles dabei.

Wir haben nur wenig überproportional interessierte Eltern, vor denen man sich ständig rechtfertigen muss (welche Leistung wie bewertet wird, welche Maßnahme wird ergriffen, wenn....). Und das lass ich jetzt mal positiv stehen und erwähne nicht, dass dafür auch nur 6 Eltern zum Elternabend kommen .....:-)

Dankbare Kinder.
Ja, das sind sie. Sicher kommen sie häufig aus nicht gerade einfachen Familien. Und vielleicht sind sie darum dankbarer und fröhlicher über die Unterstützung und Liebe, die sie in der Schule von der Lehrerin bekommen.
Denn das versuche ich immer wieder: Sie zu ermutigen, zu stärken und Liebe weiterzugeben. Manchmal muss ich mir immer wieder sagen:
Der kann ja auch nichts für seine Mutter :-)

Jedenfalls steht fest:
Ich arbeite meistens gerne und ich kenne Schule auch gar nicht anders. An einer Dorfschule mit engagierten Eltern, an dem man die Elternbriefe am nächsten Tag zurückkriegt - wer will denn da arbeiten, das ist doch echt langweilig.
da kriegt man bestimmt auch keinen aufgeregten Anruf um 17 Uhr und dem Spruch: "ich hab gehört, an der Gesamtschule wurde ne Leiche gefunden!!" "Frau P., wer behauptet das denn?"
"Die Kinder haben das alle erzählt! Stimmt das nicht? Und dass ein Mann mit Messer auf dem Schulhof war? Warum wurde dann nicht die Schule geschlossen?"

Und so süße Briefe wie diesen von meinem Lieblingsschüler kriegt man an einer Dorfschule bestimmt auch nicht:

("Liebe Frau B. du bist nett. Danke, weil du mich gelernt hast. Happy Birthday. Danke.")

Ja, meine liebe Klasse, ich mag euch. Ich bin gerne eure Lehrerin.
Und manchmal würde ich euch am liebsten einpacken und mit nach Hause nehmen. Aber bei manchen würde ich die Eltern zu Hause lassen. Okay?